Nach Jahren rückläufiger Zahlen kamen 2023 wieder mehr Immobilien unter den Hammer. Inflation, schwache Konjunktur und Immobilienkrise hinterlassen Spuren. Regional gibt es große Unterschiede.
Ratingen. Erstmals seit Jahren sind in Deutschland wieder mehr Immobilien zwangsversteigert worden. Nach Recherchen des Fachverlags Argetra wurden 2023 Gerichtsverfahren für 12.332 Häuser, Wohnungen und Grundstücke eröffnet, etwas mehr als im Vorjahr mit 12.077 Immobilien. Der Wert der zwangsversteigerten Immobilien stieg um 15 Prozent auf 3,87 Milliarden Euro. Für den am Freitag veröffentlichten Bericht wertete Argetra die Zwangsversteigerungstermine an allen knapp 500 Amtsgerichten in Deutschland aus.
Eine „toxische Mischung aus schwacher Konjunktur, hoher Inflation und einem schwachen Immobilienmarkt“ zeige Wirkung bei den Bürgern, schreiben die Autoren von Argetra. Anders als in den Vorjahren, als praktisch jede Immobilie verkauft werden konnte, sei die Nachfrage nach Immobilien deutlich gesunken. In den kommenden Jahren sei mit einem deutlichen Anstieg der Zwangsversteigerungen zu rechnen.
Zuvor war die Zahl der Zwangsversteigerungen jahrelang zurückgegangen. Gründe dafür waren die lange Zeit gute Konjunktur, der Immobilienboom und die jahrelang niedrigen Zinsen, die Kredite günstig machten und die Zinslast für Schuldner gering hielten. Bei steigenden Zinsen hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bereits vor mehr Zwangsversteigerungen im Jahr 2022 gewarnt. Auf die Zahl der Zwangsversteigerungen hatten sich die erschwerten Bedingungen aber lange nicht ausgewirkt.
Höchster Anteil an Zwangsversteigerungen in NRW
Gut zwei Drittel der Zwangsversteigerungen im Jahr 2023 betrafen Wohnimmobilien, wobei Ein- und Zweifamilienhäuser den Löwenanteil ausmachten, gefolgt von Eigentumswohnungen, wie Argetra mitteilte. Nur etwa die Hälfte der eröffneten Zwangsversteigerungsverfahren lande vor Gericht. Der Rest der Immobilien werde vor der Versteigerung freihändig verkauft.
Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen sei mit einem Anteil von rund 20 Prozent seit Jahren Spitzenreiter bei den Zwangsversteigerungen, hieß es. Demnach waren im Jahr 2023 im Bundesdurchschnitt 30 von 100.000 Haushalten von Zwangsversteigerungen betroffen. In Thüringen lag die Zahl der anberaumten Termine mit 52 mehr als doppelt so hoch wie etwa in Bayern.